Selbstinszenierung in den sozialen Medien: Vom Alltag zum perfekten Bild

In dieser Episode von „Medienhappen“ widmen wir uns dem facettenreichen Thema der Selbstinszenierung in sozialen Medien, insbesondere im Kontext von Jugendlichen.

Gina erläutert die grundlegenden Mechanismen hinter der Selbstinszenierung, die einen starken Einfluss auf die Identität von Jugendlichen ausüben. Während wir die positiven Aspekte wie kreative Selbstentfaltung und soziale Vernetzung anerkennen, wollen wir auch auf die Gefahren hinweisen. Der Druck, perfekt sein zu müssen, kann zu ernsthaften psychischen Belastungen führen. Ängste wie FOMO (Fear of missing out) werden verstärkt, und der ständige Vergleich mit Idealbildern kann zu Depressionen führen.

Ein zentrales Beispiel ist die Influencerin Bianca Heinicke, bekannt als BibisBeautyPalace. Wir schauen auf ihre Entwicklung von der Inszenierung des perfekten Lebens hin zu einem öffentlichen Comeback, das durch mehr Authentizität und Reflexion geprägt scheint.

Außerdem bringen wir wichtige Empfehlungen für Eltern, Lehrkräfte und Pädagog*innen mit, um Jugendliche auf ihrem Weg in den sozialen Medien zu unterstützen. Zu den Vorschlägen gehören: Aufklärungsarbeit über digitale Medien, Förderung von Authentizität und Selbstwertgefühl, sowie die Schaffung offener Kommunikationskanäle.

Abschließend ist uns wichtig zu betonen, dass soziale Medien sowohl Chancen als auch Risiken bergen. Die zentrale Botschaft dieser Episode ist klar: Soziale Medien können ein mächtiges Werkzeug sein, sollten jedoch nicht die gesamte Identität dominieren.

Tipps für Lehrkräfte zum Thema „Selbstinszenierung in sozialen Medien“

Externe Expert*innen einladen
Laden Sie Medienpädagog*innen oder Psycholog*innen ein, um die Schüler*innen für die psychologischen und sozialen Aspekte von Selbstinszenierung zu sensibilisieren.

Medienkompetenz fördern
Vermitteln Sie den Schüler*innen grundlegendes Wissen über soziale Medien. Erklären Sie, wie Algorithmen funktionieren, warum Likes und Follower*innen so wichtig erscheinen und wie Plattformen gezielt Selbstinszenierung belohnen.

Kritisches Denken stärken
Erarbeiten Sie mit den Schüler*innen, wie Inszenierungen in sozialen Medien von der Realität abweichen können. Analysieren Sie gemeinsam Bilder oder Profile und diskutieren Sie die Intentionen und möglichen Auswirkungen hinter solchen Darstellungen.

Eigene Mediennutzung reflektieren lassen
Lassen Sie die Schüler*innen über ihre eigene Nutzung sozialer Medien nachdenken. Zum Beispiel: Welche Inhalte posten sie? Warum tun sie das? Welche Reaktionen erwarten sie? Dies kann durch Diskussionen, Tagebuchaufgaben oder Rollenspiele geschehen.

Workshops und Projekte integrieren
Bieten Sie praxisnahe Projekte an, wie z. B. das Erstellen einer „unrealistischen“ und einer „ehrlichen“ Instagram-Story, um die Wirkung von Inszenierung bewusst zu machen.

Vorbild sein
Zeigen Sie als Lehrkraft, wie bewusster Medienumgang aussieht. Besprechen Sie Ihre eigene kritische Haltung zu sozialen Medien und machen Sie deutlich, dass es okay ist, sich nicht ständig darzustellen.

Das Thema im Religionsunterricht: „Selbstinszenierung und Werte“

Selbstinszenierung kann im Religionsunterricht in den Kontext von Identität, Werten und Menschsein eingebunden werden. Hier ein Ansatz:

  1. Selbstbild und Fremdbild thematisieren
    Lassen Sie die Schüler*innen Bibelstellen lesen, die sich mit dem Thema Selbstdarstellung und Bescheidenheit befassen. Diskutieren Sie, wie Selbstdarstellung damals und heute unterschiedlich sein könnte.
    • Beispiele
      • Selbstbild und Fernbild: Verlauf der Josefsgeschichte
        • Wie sieht er sich selbst? Wie sieht der Vater ihn? Wie sehen die Brüder ihn?…
        • Als Papis Liebling bekommt er besonders tolle Kleidung und wird deswegen von seinen Brüdern beneidet und schließlich verkauft (!). Die Frau eines mächtigen Mannes in Ägypten will ihn (ohne Erfolg) verführen – und verleumdet Josef, weshalb er im Gefängnis landet. Schließlich ist Josef selbst ein mächtiger Mann, der trotz seines Reichtums und des Verrats Sehnsucht nach seiner Familie, besonders nach seinem Vater, hat. Die Brüder erkennen in diesem mächtigen Mann natürlich ihren Bruder zunächst nicht mehr.
        • Eine Beliebtheitskurve von Selbstbild und Fremdbild durch die Josefsgeschichte könnte sehr interessant sein.
      • Johannes der Täufer, der sich bescheiden iszeniert. („Gewand aus Kamelhaaren“ – Matthäus 3.1-4)
      • Jesu Einzug in Jerusalem. Jesus inszeniert sich besonders durch das Reittier als ein besonderer König und wird auch so empfangen (Mt. 21,1-9). Den Königsmantel und die „Krone“ (Dornenkrone!) bekommt er bezeichnenderweise vor seiner Hinrichtung.
      • Zentrale Erkenntnis der Bibel ist, dass wir uns nie selbst wirklich erkennen können. Nur Gott sieht uns wirklich, wie wir sind – und das ist zum Glück ein liebender Blick: „Der Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an“ (1. Samuel 16,7)

      • Der Mensch ist Gottes Schöpfung, von Gott zu ihm hin geschaffen („Tempel des Heiligen Geistes“ 1. Korinther 6,19 / „Neue Schöpfung“ 2. Korinther 5,17). Gottes Blick auf den Menschen ist grundsätzlich positiv – siehe in der Jesusgeschichte Zachäus (von allen verachtet – Jesus nimmt ihn an und wertschätzt ihn) oder die Kranken die geheilt werden (das sind nicht einfach Wunderheilungen, sondern hier wird die wunderbare Wirkung von Gottes Gegenwart, von Akzeptanz und Annahme deutlich).
    • Fazit: Auch, wenn ich mir selbst nichts zutraue – Gott sieht mich liebevoll an. Und das verändert mich.
  2. Einfluss von sozialen Medien auf Werte reflektieren
    Fragen Sie die Schüler*innen: Fördern soziale Medien Werte wie Nächstenliebe, Ehrlichkeit oder Bescheidenheit? Oder rücken sie eher Egoismus und Oberflächlichkeit in den Vordergrund?
  3. Digitales Fasten
    Als Projekt könnten Schüler*innen eine Woche lang bewusst auf soziale Medien verzichten und anschließend ihre Erfahrungen teilen. Wie hat sich das auf ihr Selbstbild und ihr Verhalten ausgewirkt?
  4. Wer bin ich wirklich?
    Diskutieren Sie philosophische und religiöse Fragen zur Identität: Wer bin ich abseits der Bilder, die ich poste? Was gibt meinem Leben Sinn, jenseits von Likes und Aufmerksamkeit?
  5. Rolle von Vorbildern
    Analysieren Sie biblische oder moderne Vorbilder. Wie haben sich diese Menschen dargestellt? Gibt es Parallelen oder Unterschiede zu Influencer*innen heute?
    • Beispiele für biblische Vorbilder: Jesus ist natürlich das alles Überbietende Vorbild im Glauben. Aber auch Abraham, Mose, Ruth, Maria, die Jünger*innen sind aus dem RU als Vorbilder bekannt.

Fazit für den Unterricht

Das Thema Selbstinszenierung in sozialen Medien bietet viele Anknüpfungspunkte für Fächer wie Ethik, Religion, Deutsch oder Sozialkunde. Es erlaubt nicht nur die Vermittlung von Medienkompetenz, sondern regt Schüler*innen auch dazu an, ihre Werte, ihr Verhalten und ihre Selbstwahrnehmung kritisch zu hinterfragen.

Tipps

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs):

Diese Organisation bietet umfassende Studien und Berichte zu Mediennutzung und -verhalten von Kindern und Jugendlichen. mpfs.de

Material von Klicksafe:

Selfies, Sexting, Selbstdarstellung: https://www.klicksafe.de/fileadmin/cms/download/Material/Päd._Praxis/Selfies_Sexting_Selbstdarstellung_Mobile_Medien_3.pdf

Ommm online – Wie wir unser digitales Wohlbefinden steigern: https://www.klicksafe.de/fileadmin/cms/download/Material/Päd._Praxis/KMA15_ommm_online_heft5_2021.PDF

Literatur:

:in Religion, Selbstinszenierungen, Ausgabe: 7/2022, Bergmoser+Höller Verlag AG

→ Unterrichtsmaterialien Sek. 1 mit digitalen Materialien

→ Ausleihbar in der Medienstelle der Arbeitsstelle Religionspädagogik in Oldenburg oder online abrufbar im Medienportal


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